Digitales Lernen und Neurodivergenz: Ansätze für inklusiven Lernerfolg – wie digitale Lernangebote inklusiver gestaltet werden können

Janina WörzDigital Learning Consultant

Die Digitalisierung der Lernwelt eröffnet vielfältige Möglichkeiten – sie stellt uns aber auch vor die Herausforderung, Lerninhalte so zu gestalten, dass sie allen Menschen gerecht werden. Besonders neurodivergente Personen profitieren von einer bedarfsgerechten, inklusiven Lernumgebung. In diesem Artikel wird beleuchtet, was Neurodivergenz bedeutet, welche Herausforderungen im digitalen Lernen auftreten können und wie durch gezielte Designmaßnahmen digitale Lernangebote inklusiver gestaltet werden können.

Neurodivergenz verstehen

Neurodivergenz bezeichnet die Variation menschlicher Gehirnstrukturen und -funktionen, die zu unterschiedlichen Arten der Informationsverarbeitung führen. Sie umfasst verschiedene neurologische Varianten wie Autismus, ADHS oder Dyslexie. Diese individuellen Unterschiede bringen oft besondere Stärken mit sich, darunter kreative Lösungsansätze und innovative Perspektiven, da neurodivergente Menschen ihre Umwelt auf einzigartige Weise wahrnehmen. Gleichzeitig haben sie spezifische Bedürfnisse in Bezug auf die Aufnahme, Strukturierung und Verarbeitung von Informationen. In digitalen Lernumgebungen wird dies besonders relevant, da eine Vielzahl multisensorischer Reize, unstrukturierte Inhalte oder fehlende Anpassungsmöglichkeiten schnell zu einer Reizüberflutung oder Erschwernis im Lernprozess führen können.

Lernen lernen - Selbstständig zum Lernerfolg

Herausforderungen im digitalen Lernumfeld

Digitale Lernplattformen können für neurodivergente Menschen verschiedene Herausforderungen mit sich bringen. Eine häufige Hürde ist die sensorische Überlastung, da viele Lernangebote eine Fülle visueller und auditiver Reize enthalten. Auch unstrukturierte Inhalte können problematisch sein: Eine unklare Navigation oder unvorhersehbare Abläufe verstärken oft Ängste und Unsicherheiten. Hinzu kommt der Mangel an Anpassungsmöglichkeiten, da eindimensionale Lernwege die individuellen Bedürfnisse neurodivergenter Menschen nicht berücksichtigen – dabei bevorzugen sie häufig unterschiedliche Verarbeitungsstile.

Ansätze für inklusives E-Learning

Um digitale Lernangebote inklusiver zu gestalten, sollte regelmäßig Feedback von neurodivergenten Nutzer:innen eingeholt werden, um die Inhalte gezielt zu optimieren. Tests mit neurodivergenten Anwender:innen liefern wertvolle Einblicke in sinnvolle Anpassungen, etwa in Bezug auf Design, Struktur und Interaktivität. Grundsätzlich können jedoch folgende Maßnahmen dazu beitragen, die Lernerfahrung zu verbessern:

  • Klare Struktur, Navigation und Vorhersehbarkeit: Eine logische Reihenfolge, kurze und klar gekennzeichnete Lernabschnitte sowie eine einheitliche Benutzerführung erleichtern die Informationsverarbeitung. Wiederkehrende Strukturen, konsistente Designelemente und klare Anleitungen schaffen Sicherheit und reduzieren Stress. Zudem sollten Lernende die Inhalte in ihrem eigenen Tempo bearbeiten können, um Überforderung zu vermeiden.
  • Reizreduktion: Ein minimalistisches Design mit ruhigen Farben, klaren Schriftarten und anpassbaren Interface-Elementen hilft, sensorische Überforderung zu vermeiden. Wichtig ist zudem, dass störende Elemente wie blinkende Animationen oder plötzliche Soundeffekte vermieden werden.
  • Flexible Darstellungsformen und adaptive Lernwege: Die Kombination aus Text, Audio, Video und interaktiven Elementen ermöglicht es Lernenden, die für sie passende Form der Informationsaufnahme zu wählen. Gleichzeitig fördern flexible und modulare Lernpfade eine individuelle Bearbeitung der Inhalte, indem Nutzer:innen die Reihenfolge selbst bestimmen können. Dies erleichtert die Konzentration und verbessert den Lernerfolg.
  • Feedback und individuelle Unterstützung: Verständliche Rückmeldungen, Hilfefunktionen oder Chatbots können die Lernmotivation steigern. Eine zusätzliche Funktion für personalisierte Notizen oder Checklisten könnte Lernende dabei unterstützen, den Lernprozess aktiv zu steuern.

Fazit

Inklusives digitales Lernen ist nicht nur ein Vorteil für neurodivergente Lernende, sondern bereichert das gesamte Lernumfeld. Klare Strukturen, anpassungsfähige Inhalte und flexible Lernpfade tragen dazu bei, Barrieren abzubauen und das Lernen für alle zugänglicher und stressfreier zu gestalten. Durch die Integration von Vorhersehbarkeit, Flexibilität und personalisierten Anpassungen schaffen wir eine Lernumgebung, die individuelle Bedürfnisse berücksichtigt und die Lernerfahrung insgesamt verbessert. Diese Maßnahmen fördern nicht nur das Wohlbefinden der Lernenden, sondern steigern auch ihre Motivation und den langfristigen Lernerfolg. Ein inklusiver Ansatz im digitalen Lernen trägt somit zu einer gerechteren und effektiveren Bildungslandschaft bei, die allen Lernenden zugutekommt – unabhängig von ihren individuellen Bedürfnissen und Stärken.

Sie möchten mehr über das Thema Digitales Lernen und Barrierefreiheit im Allgemeinen erfahren? In unserem Blogbeitrag „Digitales Lernen und Barrierefreiheit: Wie können E-Learnings inklusiver gestaltet werden?“finden Sie weitere hilfreiche Informationen. Teilen Sie auch gerne Ihre Erfahrungen und Ideen mit uns – wie unterstützen Sie neurodivergente Lernende in Ihrem Unternehmen?


Quellen:

EnableMe – Neurodiversität: Vielfalt leben

Optimiert & Organisiert – Was ist neurodivers und neurodivergent?

eLearning Industry – Designing for Neurodivergence to Reduce Sensory Overload and Anxiety

eLearning Industry – How to Design eLearning for Neurodiverse People

eLearning Industry – What is Neurodiversity and Why Should You Include It into Your LD Initiatives

Geschrieben von

Janina Wörz

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